Die Doppel-Ausstellung zeigt noch bis zum 30. April 2023 im Kunstgewerbemuseum der Staatlichen Museen zu Berlin die Ergebnisse der Wettbewerbe "Landespreis Gestaltendes Handwerk" von 2019 und 2022 sowie Exponate aus Paris.Vier Elemente - Handwerk & Design aus Paris und Berlin
Wettbewerbe
Unter dem Motto „Vier Elemente“ standen die Wettbewerbe „Landespreis Gestaltendes Handwerk“ 2019 und 2022, die die Handwerkskammer Berlin seit über 50 Jahren auslobt. Die vier Elemente Feuer, Erde, Wasser, Luft spielen eine wichtige Rolle im Entstehungsprozess kunsthandwerklicher Arbeiten. Sie sind sowohl Hilfsmittel, Bestandteil als auch Urform des eingesetzten Materials. Kunsthandwerker*innen und Designer*innen aus den Bereichen Schmuck, Keramik, Skulptur, Mode, Möbel und angewandte Kunst reichten ihre Objekte ein. Aus den zahlreichen Arbeiten hat eine Expertenjury aus Handwerk, Design und Hochschule die Preisträgerobjekte gekürt und die Exponate für die Ausstellung im Kunstgewerbemuseum zusammengestellt. Bereichert wird die Schau durch Arbeiten Pariser Kunsthandwerker*innen und Designer*innen, die von der Handwerkskammer in Paris ausgewählt wurden.
Hier sind die Preisträger*innen:
Landespreis Gestaltendes Handwerk 2019
1. Landespreis 2019
Sascha Pohl
Tischlermeister
Barmöbel Kleiner Gleich 5 – Geometrix
Eiche Vollholz, Mineralwerkstoff,
Stahl, Linoleum
Jurybegründung:
Das Möbelstück aus massiver Eiche und einem Stahlgestell schöpft seine perfekte Form aus der größtmöglichen Symmetrie eines Platonischen Körpers. 20 gleichseitige Dreiecke bilden den skulpturalen Korpus, der erst mit dem Öffnen und dem Blick ins Innere ein großes Überraschungsmoment offenbart. Der Solitär hat etwas Zeichenhaftes und beeindruckt durch seine präzise handwerkliche Ausführung. Seine Komplexität entfaltet sich erst in der Benutzung.
1. Landespreis 2019
Bastian Thürich
Tischlermeister, Produktdesigner
Gravitationen I & Gravitationen II
Ensemble aus Pendel und Keramiken
Jurybegründung:
Mit Hilfe einer manuellen Apparatur (ein Pendelgerüst aus Aluminiumrohr mit einem daran hängenden mit Keramikgießmasse gefülltem Zylinder), die an einen Förderturm erinnert, nutzt Bastian Thürich die Schwerkraft, um der Mathematik ihre Formen zu entlocken. Die schwingende Zylinderdüse und die Naturkräfte übernehmen die Gestaltung der Keramiken. Die Ästhetik resultiert allein aus den physischen Kräften. Durch mathematische Gesetzmäßigkeiten lassen sich die Strukturen – hier in Montblanc-Porzellan und gefärbtem Steinzeug – auch reproduzieren. Im Gegensatz zum 3-D-Druck handelt es sich hierbei um einen prozessorientierten, analog-innovatorischer Ansatz.
Förderpreis 2019
Eva Ulm
Goldschmiedin, Produktdesign
Plastik/Schmuck
Gedankenbänder
fünf Broschen, weißes Emaille auf Stahl, geschliffen und gewachst
Jurybegründung:
Bereits in Gemälden des Mittelalters waren Spruchbänder präsent. Auch die Gedankenbänder von Eva Ulm materialisieren das Unausgesprochene. Die Broschen werden zur Projektionsfläche für die eigenen Gedanken, jedoch ohne sie buchstäblich lesbar zu machen. Sie wirken als allegorische Übertragung der zeitgenössischen Sprechblase und werfen damit gleichzeitig einen Blick auf die Kunstgeschichte.
Förderpreis 2019
Moreen Vogel
Bildhauerin
Gefäße
Keramik
Jurybegründung:
Die Gefäße „Suppenterrine“ und „Pfandflaschen“ spiegeln die grundsätzliche Auseinandersetzung mit dem antiken Gefäß wider. Der Bruch besteht jedoch aus einer augenzwinkernden Übertragung in die Alltagskultur: So bestehen die Flaschen nicht aus Kunststoff, sondern aus Keramik. „Mercury auf Suppenterrine“ meint einerseits den Götterboten, referiert aber gleichzeitig auf den Musiker Freddie Mercury. Antike Symbolik verschmilzt mit Konsumkultur.
Landespreis Gestaltendes Handwerk 2022
1. Preis 2022
Inka Gierden
Wandmalerin
Wandbehang Artichoke auf Silber
Baumwollstoff, Latexfarbe, Blattsilber
Jurybegründung:
Inka Gierden beeindruckte die Jury mit ihrer raumhohen Wandbespannung, die fest an der Wand installiert oder lose gehängt werden kann. Bei ihrer Arbeit greift sie traditionelle Techniken, wie etwa von historischen gemalten Leinwandtapeten, auf und setzt sie in eine moderne Formensprache um. Mit asiatischen Anklängen zeigt sie auf Silbergrund in makroskopischer Sicht eine riesige Distel, auf der sich eine Fliege und eine Heuschrecke niedergelassen haben. Einen nachhaltigen Aspekt berücksichtigt die Wandbespannung von Inka Gierden: Im Gegensatz zu wandfesten Tapeten ist sie mobil und kann bei Umzügen mitgenommen oder auch ausgeliehen bzw. weitergegeben werden.
2. Preis 2022
Maria Braun
Produktdesignerin mit Schwerpunkt Keramik und Glas
Food Time Geschirr für Kinder
Jurybegründung:
Die Jury beeindruckte das Gesamtkonzept des vorgestellten Gebrauchsgeschirrs. Mit einer Vielfalt in den Einzelteilen und ihren Farbstellungen schuf Maria Braun aus Porzellan, Glas und Holz ein Speiseservice mit ergonomisch kindgerechten, gerundeten Formen und einem weichen Farbverlauf. Es entstand kein billiges Kindergeschirr aus Kunststoff, wie so viele, sondern eines aus werthaltigem Porzellan. Damit wird eine Sensibilisierung zu umsichtiger Behandlung der Gegenstände erreicht. Durch den täglichen Gebrauch entsteht eine persönliche Bindung zum Gegenstand und mit dem Erlernen von Wertschätzung ein Beitrag gegen die Wegwerfkultur geleistet. Food Time ist liebevoll kindgerecht gestaltet ohne eine zum Kitsch neigende Bilderwelt zu bedienen.
3. Preis 2022
Alexander Seitz
Glasgestalter
Glasobjekt Wasser
gebohrte Glasplatte, mithilfe eines Metallgestells im Ofen verformt
Jurybegründung:
Die Glasschale in Blau stellt allein schon durch ihre schiere Größe und Gewicht eine große Herausforderung dar. Alexander Seitz meisterte die technischen Probleme in den unterschiedlichen Arbeitsschritten und setzte seine Idee vom Element Wasser, von seiner Stille bis hin zu seiner großen Kraft und Dynamik perfekt um.
Die weit aus der Wasserlache spritzenden Tropfen sind in ihrer Bewegung erstarrt. Die moderne Ausdrucksform lässt das Objekt in seiner Größe sehr repräsentativ wirken.
Sonderpreis 2022
Raphaël Fischer-Dieskau
Bildender Künstler
Elektrisches Violoncello Thorn
Kanadisches Bergahorn, Indische Palme,
Afrikanisches Eisenholz, Kupfer, Messing, Stahl, PLA
Jurybegründung:
Raphael Fischer-Diskau gelang mit dem E-Cello (V3) „Thorn“ eine überzeugende Verbindung von organischen und technischen Elementen. Die Jury begeisterte die innovative Gestaltung mit der Auflösung der Form. Das verwendete Holz ist recycelt. Es wurden die Bretter des ehemaligen Bühnenbodens der Universität der Künste verwendet, sodass Kratzspuren der Benutzung zusehen sind. Die hellen organisch wirkenden Teile stammen aus dem 3D Drucker.
Das elektronisch verstärkte Cello stellt auf überzeugende Art und Weise einen innovativen Instrumentenbau dar, der handwerkliche und digitale Technik so zu kombinieren vermag, dass das gewünschte typische Klangbild eines vollen, weichen und tiefen Tons und zudem eine unverwechselbare Ästhetik erreicht wird.
Förderpreis 2022
Paula Rocke & Luisa Friedenstab
Studentinnen
Wasserkaraffe peu à peu mit passendem Deckelglas
Mundgeblasenes Glas
Jurybegründung:
Paula Rocke und Luisa Friedenstab gelang mit Peu à peu ein überzeugendes Konzept umzusetzen. Sie gingen davon aus, dass der Mensch, der zu bis zu 65 % aus Wasser besteht, gern seinen täglichen Wasserbedarf aus den Augen verliert. Mit der gerillten Form der Karaffe, die die nötigen 1,5 l Wasser für Erwachsene fasst, lässt sich der Verbrauch ablesen. Weiterhin wird die Handhabung durch die Einschnürungen erleichtert, da ein so ein Entgleiten des Gefäßes verhindert wird.
Im Herstellungsprozess wird das Glas wird eine rotierende Holzform geblasen, die ebenfalls als Handarbeit entstanden ist. Dabei formen in das Model eingeschlagene Metallknöpfe die Rillen.
Die Jury honorierte neben der sehr nützlichen Idee die perfekte Handarbeit und gelungene ästhetische Umsetzung.
Auftaktveranstaltung zu den Europäischen Tagen des Kunsthandwerks
Vernissage und Preisverleihung am 30. März im Kunstgewerbemuseum waren gleichzeitig die Auftaktveranstaltung für die Europäischen Tage des Kunsthandwerks (ETAK). Vom 31. März bis 2. April 2023 schloss sich im gesamten Berliner Stadtgebiet ein vielgestaltiges Programm mit kunsthandwerklichen Vorführungen, Vorträgen und Workshops in Ateliers, Werkstätten und an weiteren Ausstellungsorten an.
Hier finden Sie das gesamte Programm 2023: www.kunsthandwerkstage.berlin
Die nächsten Europäischen Tage des Kunsthandwerks (ETAK) finden im Frühjahr 2024 statt.
Vier Elemente - Handwerk & Design aus Paris und Berlin ist eine Ausstellung der Handwerkskammer Berlin in Zusammenarbeit mit dem Kunstgewerbemuseum und der Handwerkskammer Paris (CMA Ile de France-Paris). Unter den Links finden Sie weitere Informationen zur Ausstellung sowie die Adresse und die Öffnungszeiten. Wir danken der Berliner Volksbank, die das Preisgeld von je 15.000 € pro Wettbewerb zur Verfügung gestellt hat.
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