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Handwerkskammer Berlin

Berliner Ausbildungsbilanz 2018/2019

Pressemitteilung der Handwerkskammer Berlin vom 30. Oktober 2019

Start ins Berufsleben: Einige Tausend junge Berlinerinnen und Berliner haben in den vergangenen Wochen ihre Ausbildung begonnen. Nach dem Lernen in der Schule geht es nun darum, sich in der Produktion oder im Büro neues Wissen und neue Fertigkeiten anzueignen und sich damit für die berufliche Karriere zu wappnen. Eine Bilanz zum Ausbildungsjahr 2018/19 zog heute Bernd Becking, Leiter der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit gemeinsam mit der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales, der Vereinigung der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg und dem Deutschen Gewerkschaftsbund Berlin-Brandenburg sowie der Industrie- und Handelskammer Berlin und der Handwerkskammer Berlin. Gastgeber der Pressekonferenz war die mittelständische Menzel Elektromotoren GmbH, die selbst seit vielen Jahren ausbildet. 

Von Oktober 2018 bis Ende September 2019 meldeten sich in Berlin insgesamt 21.680 Jugendliche bei der Berufsberatung der Agenturen für Arbeit, um bei der Suche nach einen Ausbildungsplatz Unterstützung zu erhalten. Das waren 402 junge Bewerber weniger als im letzten Jahr. Unter diesen Jugendlichen waren auch 2.602 junge Geflüchtete, die alle Voraussetzungen für eine duale Ausbildung erfüllten – 354 mehr als 2018. Die Zahl der beim Arbeitgeberservice der Arbeitsagenturen gemeldeten betrieblichen Ausbildungsstellen stieg um 88 Stellen auf 15.917. Ende September waren 3.222 Bewerber unversorgt, 223 weniger als vor einem Jahr. 1.302 betriebliche Ausbildungsstellen waren noch unbesetzt. Das waren 409 weniger als im September 2018.

Elke Breitenbach, Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales: „Wenn wir von Ausbildung sprechen, dann geht es zuerst um die berufliche Zukunft von jungen Menschen in unserer Stadt. Es geht aber ebenso um die Sicherung von Fachkräften für die Unternehmen und Betriebe in den kommenden Jahren und Jahrzehnten. Das ist nach wie vor eine große Herausforderung! Umso notwendiger ist es, dass sich die Schere zwischen Ausbildungsplatzangeboten und den freien Stellen in den Unternehmen so rasch wie möglich schließt. Keine Schulabgängerin und kein Schulabgänger in Berlin dürfen unversorgt und damit auf der Strecke bleiben, wenn die Betriebe gleichzeitig händeringend Nachwuchskräfte suchen! Die Unternehmen und Betriebe müssen noch mehr unternehmen, um beide zusammenzubringen – ob in der Pflege, im Gartenbau oder in der Kiezbäckerei!“

Bernd Becking, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit: „Wir haben heute hier in einem Berliner Traditionsbetrieb gesehen, welche spannenden Berufe die Industrie zu bieten hat – wie viele andere Branchen. Alle Partner am Ausbildungsmarkt müssen gemeinsam den Jugendlichen noch besser aufzeigen, dass es neben den bekannten „Klassikern“ viele andere interessante Möglichkeiten unter den mehr als 300 Ausbildungsberufen gibt. Wir müssen in der Berufsberatung und -orientierung früher die jungen Leuten unterstützen, ihre Fähigkeiten und Stärken zu entdecken: So werden sie in der Berufswahl sicherer, sehen auch Alternativen und brechen später die Ausbildung seltener ab. Mich freut, dass immer mehr junge Geflüchtete den Wert einer dualen Ausbildung erkennen, engagiert unsere Sprache lernten und jetzt in jeder Hinsicht ausbildungsreif sind.

Im März 2019 waren bereits fast 1.500 Geflüchtete in einem Unternehmen in einer dualen Ausbildung, das Jahr zuvor 880. Es schmerzt aber auch, dass die Zahl der Jugendlichen ohne Schulabschluss in 2019 wieder angestiegen ist. Sie haben schlechte Startchancen für das Berufsleben, weil sie ohne längere Nachqualifizierungen keine betriebliche Ausbildung aufnehmen können. Die duale Ausbildung in Berlin zu stärken ist das Ziel aller Partner. Noch immer bleiben zu viele Berlinerinnen und Berliner aus den verschiedensten Gründen ohne Ausbildung. Es sind daher alle Partner gefordert, die Anstrengungen weiter hoch zu halten, um die zu hohe Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen und dabei gleichzeitig die weiterhin sehr positive Beschäftigungsentwicklung mit Fachkräften abzusichern.“

Alexander Schirp, Geschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB): „Die Türen für ausbildungswillige junge Menschen stehen bei den Berliner Unternehmen weit offen. Mit einem breiten und wachsenden Angebot an Ausbildungsplätzen versuchen die Firmen, dem drohenden Fachkräftemangel zu begegnen. Das wird allerdings zunehmend schwieriger. Viele Betriebe suchen vergeblich nach passenden Kandidaten. Das ist ein Alarmzeichen. Die Anforderungen der Wirtschaft und die fachlichen und sozialen Qualifikationen, die die Schulabgänger mitbringen, passen leider oft nicht zusammen. Die Betriebe machen ihre Hausaufgaben – das Angebot an betrieblichen Ausbildungsplätzen ist groß, die Qualität der Ausbildung wird stetig besser, die Vergütungen steigen, die Karriere-Perspektiven sind gut. Wir müssen dringend die Gründe dafür analysieren, warum trotzdem in viel zu vielen Fällen Betriebe und Bewerber nicht zueinander finden. Diese Analyse muss in der Jugendberufsagentur geleistet werden und Grundlage für überfällige Weichenstellungen im Bildungs- und im Übergangssystem sein."

Christian Hoßbach, Vorsitzender des DGB Berlin-Brandenburg: „Die duale Ausbildung ist ein Erfolgsmodell. Sie öffnet Perspektiven in über 300 Berufen, verbindet Theorie und Praxis und bietet Aufstiegsmöglichkeiten. Umso problematischer ist, dass auch dieses Jahr wieder mehrere Tausend ausbildungswillige Jugendliche keine Lehrstelle gefunden haben. Sie drohen, der dualen Ausbildung verloren zu gehen, weil sie sich in ein Studium oder auch eine ungelernte Tätigkeit umorientieren. In der Industrie, die seit langem stark auf duale Ausbildung setzt, zeigen viele gute Beispiele den Wert nachhaltiger Ausbildung für die Fachkräftesicherung. Bei den unbesetzt bleibenden Ausbildungsplätzen muss man näher hinschauen und die Ursachen angehen. Oft fehlen in den betroffenen Betrieben und Branchen Tarifverträge, die faire Arbeitsbedingungen und Vergütung regeln.“

Jörg Nolte, Geschäftsführer Wirtschaft & Politik der Industrie- und Handelskammer Berlin: „Der Trend, dass Berliner Unternehmen die Zahl der Ausbildungsplätze steigern, setzt sich fort. Das Angebot an Ausbildungsstellen ist erneut größer und breiter als im Vorjahr. Immer mehr Unternehmen setzen auf die duale Ausbildung, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Dabei spiegeln die vorliegenden Zahlen nur das Angebot an gemeldeten Ausbildungsplätzen wider. Das tatsächliche Angebot dürfte sogar noch höher liegen, da ein Drittel der IHK-Ausbildungsunternehmen andere Wege zur Stellenbesetzung nutzt. Erfreulich ist, dass die Zahl der unbesetzten Lehrstellen leicht rückläufig ist. Dies darf aber kein Einmal-Effekt sein. Trotz intensiver Bemühungen der Betriebe bleiben weiter zu viele Plätze unbesetzt. Um diese Zahl zu senken, müssen nicht nur die Berufsorientierung an den Schulen und die Schulqualität insgesamt verbessert werden. Notwendig ist auch, noch besser zu analysieren, warum Betriebe und Bewerber nicht zueinander finden. So lassen sich gezielter Angebote für ein passgenaues Matching entwickeln."

Ulrich Wiegand, Geschäftsführer der Handwerkskammer Berlin: „Das Handwerk ist „in“ – die Karrierechancen mit einer dualen Berufsausbildung sind ausgezeichnet. Das nachhaltige  Ausbildungsengagement des Berliner Handwerks trägt jetzt Früchte. Das Handwerk ist attraktiv für alle jungen Menschen – für leistungsstarke ebenso wie für Jugendliche mit Förderbedarf. Zurzeit haben wir in Berlin noch mehr als 550 freie Lehrstellen in mehr als 50 verschiedenen Berufen im Handwerk anzubieten – es lohnt sich mehr denn je, eine Ausbildung im Handwerk zu beginnen.“