InsolvenzrechtInsolvenz - rechtlich betrachtet
Hier finden Sie Wissenswertes zum Thema Insolvenzrecht, wichtige Hinweise zum Insolvenzverfahren und unsere Ansprechpartner*innen.
Kurz und knapp: Was ist überhaupt Insolvenz?
Insolvenz bezeichnet die Unfähigkeit eines Schuldners, anfallende Zahlungen zu begleichen. Sie ist gekennzeichnet durch akute, beziehungsweise drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung. Bei Fragen zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten können vielleicht auch unsere Betriebsberater weiter helfen. Das Insolvenzverfahren muss beim zuständigen Amtsgericht beantragt werden. Anträge können von Gläubigern und Schuldnern gestellt werden. Als Eröffnungsgrund gilt in der Regel die Einstellung von Zahlungen.
Ziel eines Insolvenzverfahrens
Das Insolvenzverfahren soll ermöglichen, die Zahlungsfähigkeit eines Schuldners wieder herzustellen oder aber, wenn dies nicht möglich ist, das verbliebene Vermögen des Schuldners zu verwerten und den Erlös unter den Gläubigern zu verteilen. Wie ein solches Insolvenzverfahren durchzuführen ist, regelt die Insolvenzordnung (InsO).
Wer kann einen Insolvenzantrag stellen?
Einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens können der Unternehmer selbst oder seine Geschäftspartner, aber auch Banken, Finanzämter, Krankenkassen stellen. Der Antrag eines Gläubigers setzt allerdings dessen rechtliches Interesse an der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens voraus. Hierzu muss er seine Forderung und das Bestehen eines Eröffnungsgrundes glaubhaft machen. Bei Gläubigeranträgen ist jedoch Vorsicht geboten. Wenn sich im Insolvenzverfahren herausstellt, dass ein Eröffnungsgrund nicht vorliegt, kann dies zu Schadenersatzansprüchen führen.
Überprüfen Sie, ob Sie verpflichtet sind, einen Insolvenzantrag für Ihr Unternehmen zu stellen, da Sie sich bei Unterlassen strafbar machen! Verkürzt gesagt, sind Sie zur Antragstellung verpflichtet, wenn Sie Geschäftsführer einer zahlungsunfähigen oder/und überschuldeten GmbH (evtl. auch GmbH & Co. KG) oder AG sind.
Der Antrag muss unverzüglich, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung gestellt werden. Bei drohender Zahlungsunfähigkeit können Sie als Inhaber oder Geschäftsführer freiwillig einen Insolvenzantrag stellen. Der Antrag kann nur solange zurück genommen werden, wie über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beziehungsweise die Abweisung des Antrags nicht entschieden wurde.
Natürliche Personen (Kleingewerbetreibende, eingetragene Kaufleute) und Personengesellschaften (wie bspw. BGB-Gesellschaften, OHG, KG) sind nicht dazu verpflichtet, einen Insolvenzantrag zu stellen! Sie können jedoch freiwillig Insolvenz beantragen.
Achtung! Sie können bei der Fortführung Ihres verschuldeten Unternehmens eventuell gegen andere Strafvorschriften verstoßen, zum Beispiel, wenn Sie keine Sozialbeiträge für die Mitarbeiter abführen oder Waren bestellen, die Sie nicht bezahlen können.
Ehemalige Selbstständige können das vereinfachte Verbraucherinsolvenzverfahren beantragen, wenn ihre Vermögensverhältnisse überschaubar sind (weniger als 20 Gläubiger) und gegen sie keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen oder des Finanzamtes bestehen. Diese Personengruppe kann sich zwecks Beratung an Rechtsanwälte, Steuerberater oder an die nach der Insolvenzordnung anerkannten Schuldnerberatungsstellen wenden.
Aber: Gewerbetreibende (auch Kleingewerbetreibende), Personengesellschaften (z.B. OHG, KG) und juristische Personen (z.B. UG (haftungsbeschränkt), GmbH) unterliegen dem „normalen” Regelinsolvenzverfahren. Bei Regelinsolvenzverfahren beraten Rechtsanwälte und Steuerberater (sollten Sie kein Geld mehr für einen Anwalt haben, können Sie wiederum Prozesskostenhilfe beantragen).
Abgrenzung Regelinsolvenz-/Verbraucherinsolvenzverfahren
Personen, die
- nicht selbständig tätig sind und keine Schulden aus einer früheren Selbstständigkeit haben oder
- Schuldner aus einer früheren Selbstständigkeit sind, höchstens 19 Gläubiger und keine Verbindlichkeiten aus früheren Arbeitsverhältnissen (etwa Arbeitslöhne, Sozialversicherungsbeiträge, Beiträge zur Berufsgenossenschaft) haben,
fallen in den Bereich des so genannten Verbraucherinsolvenzverfahrens und müssen unter Hinzuziehung einer anerkannten Schuldnerberatungsstelle oder eines Rechtsanwalts einen außergerichtlichen Schuldenbereinigungsversuch unternehmen, bevor ein Antrag beim Insolvenzgericht gestellt werden kann.
Ein solcher Schuldenbereinigungsversuch gilt dann als gescheitert, und eröffnet somit den Weg zum Verbraucherinsolvenzverfahren, wenn ein Gläubiger die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreibt, nachdem die außergerichtlichen Bereinigungsverhandlungen aufgenommen wurden.
Personen, die
- selbstständig tätig sind oder
- Schulden aus einer früheren Selbstständigkeit und mindesten 20 Gläubiger haben oder gegen die Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen,
fallen dagegen unter das Regelinsolvenzverfahren. Bei diesen entfallen außergerichtliches- und gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren.
Die Frage, welches Insolvenzverfahren (Regel- oder Verbraucherinsolvenzverfahren) beantragt werden muss, wird in der Übersicht über die Insolvenzen sehr anschaulich beantwortet.
Antrag auf Restschuldbefreiung/Verfahrenskostenstundung:
Restschuldbefreiung kann jede natürliche Person, sei es nach Durchführung eines Regelinsolvenz- oder Verbraucherinsolvenzverfahrens, beantragen und dadurch die Befreiung von im Insolvenzverfahren nicht erfüllbaren Verbindlichkeiten erlangen. Empfehlenswert ist dabei, den Antrag auf Restschuldbefreiung sogleich mit dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu verbinden. Ist es dem antragsstellenden Schuldner nicht möglich, die erforderlichen Kosten für das Insolvenzverfahren, einschließlich der Kosten für das Verfahren der Restschuldbefreiung, aufzubringen, kann er auf besonderen Antrag eine Stundung der Kosten verlangen. Voraussetzung ist, dass der Schuldner auch einen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt hat und sein Vermögen voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die Kosten des Insolvenzverfahrens zu decken.
Während einer "Wohlverhaltensphase" von grundsätzlich drei Jahren müssen Sie in dieser Zeit eine Reihe von Auflagen beachten und den pfändbaren Betrag Ihres Einkommens abgeben. Liegen die notwendigen Voraussetzungen vor, werden Ihnen die restlichen Schulden danach (drei Jahre) grundsätzlich erlassen. Die Restschuldbefreiung ist ein Ausweg aus der Schuldenfalle. Durchhaltevermögen und der bewiesene gute Wille ermöglichen ein schuldenfreies Leben.
Wo ist der Insolvenzantrag zu stellen?
In Berlin ist das Amtsgericht Charlottenburg zentrales Insolvenzgericht. Das Amtsgericht stellt hilfreiche Merkblätter und alle benötigten Vordrucke und Formulare zur Insolvenz zur Verfügung.
Ausnahme: Verbraucherinsolvenzverfahren. Hier ist jeweils das Amtsgericht am Wohnsitz des Schuldners zuständig, hilfreich ist der Gerichtsfinder.
Das Insolvenzgericht wird nur auf einen schriftlichen Antrag hin tätig.
Eröffnungsgründe
Drohende Zahlungsunfähigkeit: Ein Schuldner droht zahlungsunfähig zu werden, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die wesentlichen Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. Drohende Zahlungsunfähigkeit kann nur dann Eröffnungsgrund sein, wenn es sich um einen Eigenantrag des Schuldners handelt.
Zahlungsunfähigkeit: Ein Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Die Zahlungsunfähigkeit wird in der Regel dann anzunehmen sein, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.
Überschuldung: Überschuldung, welche bei juristischen Personen (zum Beispiel GmbH oder AG) eintreten kann, liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich (neu: § 19 Absatz 2 InsO auf Grund des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes - FMStG).
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
Sicherungsmaßnahmen: Das Gericht setzt nach zulässiger Antragstellung einen Gutachter ein, der überprüft, ob der Insolvenzeröffnungsgrund tatsächlich vorliegt und ob das vorhandene Vermögen ausreicht, die Verfahrenskosten zu decken. Um in der Phase zwischen Antragstellung bis zur Entscheidung, ob das Verfahren eröffnet werden soll oder nicht, nachteilige Veränderungen des schuldnerischen Vermögens zu vermeiden, kann das Gericht vorläufige Sicherungsmaßnahmen anordnen. Vorläufige Sicherungsmaßnahmen sind zum Beispiel die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters, die Auferlegung eines allgemeinen oder speziellen Verfügungsverbots für den Schuldner, die Untersagung oder einstweilige Einstellung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Schuldner oder die Beschlagnahme einzelner Vermögenswerte.
Abweisung mangels Masse: Wenn sich bei diesen gutachterlichen Ermittlungen herausstellt, dass das Vermögen des Schuldners nicht ausreicht, um die Kosten des Gerichts und des Verwalters zu decken, wird der Antrag mangels Masse abgewiesen. In diesem Fall ordnet das Insolvenzgericht die Eintragung des Schuldners in das Schuldnerverzeichnis an. Diese Eintragung wirkt sich konsequenterweise negativ auf die Kreditwürdigkeit des Schuldners aus. Eine Löschung der Eintragung erfolgt grundsätzlich erst nach Ablauf von drei Jahren seit der Eintragungsanordnung. Die Abweisung mangels Masse unterbleibt, wenn ein ausreichender Vorschuss gezahlt wird oder bei natürlichen Personen eine Stundung der Verfahrenskosten gewährt wird.
Verfahren nach Eröffnung:
Eröffnungsbeschluss
Wird das Insolvenzerfahren eröffnet, erfolgt dies durch den Eröffnungsbeschluss. Zeitgleich wird ein Insolvenzverwalter ernannt, so dass die Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter endet. Im Eröffnungsbeschluss wird Folgendes aufgeführt:
- Firma oder Name, einschließlich Vorname und Geburtsdatum des Schuldners, dazu der Geschäftszweig, gewerbliche Niederlassung (Firmensitz) oder Wohnung des Schuldners,
- das Registergericht und die Registernummer, unter der der Schuldner in das Handelsregister eingetragen ist,
- Name und Anschrift des Insolvenzverwalters,
- die Stunde der Eröffnung des Insolvenzverfahrens,
- die Frist, in der die Gläubiger ihre Forderungen beim Verwalter anmelden können,
- eine Aufforderung an die Gläubiger, dem Verwalter bestehende Sicherungsrechte an Vermögensgegenständen des Schuldners unter Angabe des Grundes und der Forderung anzuzeigen,
- eine Aufforderung an die Schuldner des Schuldners (Debitoren), nicht mehr an den Schuldner, sondern nur noch an den Verwalter zu leisten,
- der Tag der ersten Gläubigerversammlung, in welcher aufgrund des Berichts des Insolvenzverwalters über den Fortgang des Insolvenzverfahrens beschlossen wird (Berichtstermin),
- der Tag des Prüfungstermins, in welchem die angemeldeten Forderungen geprüft werden.
Weiterer Ablauf des Insolvenzverfahrens
- Durchführung des Berichtstermins / Prüfungstermins (Der Berichts- und der Prüfungstermin können verbunden werden. Auf einen Berichtstermin wird das Gericht regelmäßig dann vollkommen verzichten, wenn die Vermögensverhältnisse des Schuldners überschaubar sind und die Zahl der Gläubiger und die Höhe der Verbindlichkeiten gering ist.)
- Verwertung der Insolvenzmasse oder Sanierung des Unternehmens durch einen Insolvenzplan
- Aufstellung des Schlussverzeichnisses zur Ermittlung der an die Gläubiger auszuzahlenden Beträge
- Durchführung einer abschließenden Gläubigerversammlung (Schlusstermin)
Restschuldbefreiung (natürliche Personen)
Antrag: Ist der Schuldner eine natürliche Person, muss er, um von denen nach der Durchführung des Insolvenzverfahrens noch vorhandenen Schulden befreit zu werden, einen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt haben. Bis zum Schlusstermin werden der Verwalter und die Gläubiger zum Antrag auf Restschuldbefreiung angehört.
Entscheidung des Insolvenzgerichts: Über den Antrag auf Restschuldbefreiung entscheidet ebenfalls das Insolvenzgericht. Beantragt ein Insolvenzgläubiger die Versagung der Restschuldbefreiung, so muss das Gericht diesem Antrag folgen, wenn ein Versagungsgrund glaubhaft gemacht wird. Die Restschuldbefreiung kann zum Beispiel versagt werden bei rechtskräftiger Verurteilung des Schuldners wegen einer Straftat oder der Verletzung der ihm zukommenden Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten während des Restschuldbefreiungsverfahrens. Seit 1. Juli 2014 ist die Restschuldbefreiung wegen einer Insolvenzstraftat nur dann zu versagen, wenn der Insolvenzschuldner in den letzten fünf Jahren vor Stellung des Eröffnungsantrags oder nach der Stellung dieses Antrags zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt wurde.
Pflichten des Schuldners: Während der dreijährigen Wohlverhaltensperiode, die mit der Eröffnung des jeweiligen Insolvenzverfahrens beginnt, ist der Schuldner verpflichtet:
- die pfändbaren Bezüge aus Arbeitseinkommen oder entsprechende laufende Bezüge an den bestellten Treuhänder abzuführen,
- eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben,
- bei Arbeitslosigkeit sich um eine zumutbare Tätigkeit zu bemühen und eine solche nicht abzulehnen,
- umgehend jeden Wechsel des Wohnsitzes oder der Beschäftigungsstelle anzuzeigen,
- Vermögen, welches er im Rahmen einer Erbschaft oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht erwirbt, zur Hälfte an den Treuhänder herauszugeben,
- auf Verlangen des Gerichts oder des Treuhänders Auskunft über seine Erwerbstätigkeit oder diesbezügliche Bemühungen sowie über Bezüge und Vermögen zu erteilen,
- keinem Insolvenzgläubiger einen Sondervorteil vor den anderen zu verschaffen.
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